Am 6. Juli 2021 hatten die “Räuber ’77“ zu einem themenoffenen Workshop eingeladen, der erstmals seit dem Beginn der Corona-Pandemie die Möglichkeit einer realen Begegnung der Teilnehmer bot. In der Kunstscheune von Gastgeberin Sigrid Kiessling-Rossmann in Mannheim-Seckenheim trafen sich Zehn Autor*innen und an Literatur interessierte Personen. Bei einer inspirierenden Führung durch ihre Atelierräume informierte Frau Kiessling-Rossmann über ihre Arbeit, ihre unterschiedlichen Maltechniken und über ihr abwechslungsreiches, von der Kunst geprägtes Leben.
Vanessa Palumbo, die Siegerin des letzten Mannheimer Jugendliteratur-Preises von 2020, brachte mit ihren „Traumsequenzen“ musikalische Notizen und literarische Besonderheiten in den Workshop ein.
Manuela Jeßler-Bach entwarf mit ihrer Prosa „Der besondere Ort“ ein Gedankenbild, das bereits im Titel das stimmungsvolle Ambiente dieses Nachmittags zum Ausdruck brachte. Vom verlorenen Duft der Kindheit erzählte Christiane Hedtke in ihrem Gedicht „Machandelbaum“ (s.u.).
Kristin Wolz, die Vorsitzende des Literaturvereins „Die Räuber‘77“, erinnerte mit ihrer Lyrik an die kunstvollen Partituren in der Musik, deren Modell-Charakter sich auf das künstlerische Schaffen insgesamt übertragen ließe. Damit hatte sie den musikalisch konnotierten Reigen, den bereits Marion Eisenberger eingangs mit ihrer Prosa „Variationen Goldbergs“ eröffnet hatte, weitergeführt. Diese, die Leidenschaft der Musik beschreibende Prosa, setzte Madeleine Schumacher in ihrem Song-Text „Die verlorenen Lieder“ fort. Unter dem Motto: „Hurra, wir dichten noch“ ergänzte die Lyrik von Rolf Höge diese Leidenschaft: „Für jede Zeit, für jeden Kuss …“ (s.u.)
Dem kunstvollen Rahmen gemäß schloss Manfred Klenk den „Räuber“-Workshop mit seinem Gedicht: „Dans le Jardin – Was tut ein Faun am Nachmittag?“, womit er sich auch im Namen aller Teilnehmer für die gastfreundliche Fürsorge von Sigrid Kiesling-Rossmann in deren Künstlerhof herzlich bedankte.
Machandelbaum
Über schwarzem Feld
Eine tiefe Sonne
Heuballen
Scherenschnitte vor
Spätem Himmel
Gänse in den
Ackerfurchen
Machandel auf
Heißem Stein
Verlorener Duft der
Kindheit
Christiane Hedtke
Für jede Zeit, für jeden Kuss
Im blauen Morgenhimmel
dreht schon der Bussard seine Runden
und wo am See die ersten Knospen springen,
hat sich Gezwitscher eingefunden.
Mit lauem Wind beginnt das Jahr,
mit Klappern dort im Storchennest,
was einst im Fernweh wichtig war,
verliert sich,
wenn man es nur lässt.
So durch die Einfachheit des Augenblicks befreit,
fühl ich ruhig und dankend hier,
für jede Zeit,
für jeden Kuss,
für jeden Atemzug mit dir.
Rolf Höge