Schon im dritten Jahr finden in Ladenburg die literarischen Spaziergänge „Flaneure und Flaneusen“ statt. Am 5. August dieses Jahres lasen Dinçar Güçyeter und Ulrike Almut Sandig.
Was bedeutet „helle Cola?“ fragte uns Dinçar Güçyeter und eine kleine Geschichte folgte. In Anatolien war gerade „Coca Cola“ angekommen, nicht aber „Fanta“. Das Getränk wurde daher als „helle Cola“ bezeichnet, und Dinçars Mutter nennt sie noch heute so.
Mit dieser und weiteren heiteren Episoden unterhielt uns der Lyriker, der aus „Mein Prinz, ich bin das Ghetto“ las. Der Peter-Huchel-Preis wurde ihm für diesen Band verliehen. Er lotet hier Herkunft aus, schlägt eine Brücke zu seiner deutschen Heimat und findet, dass er an beiden Orten zuhause ist.
Für ihn bedeutet Schreiben „gesehen zu werden“ – vielleicht auch deswegen sein Gesicht auf dem Cover des Gedichtbands? Der Pfau gehört ebenfalls zu einer persönlichen Erinnerung, als Dinçars Mutter in der Klinik lag, beobachtete er einen Pfau im Vorhof.
Trotz ihrer Unterschiedlichkeiten harmonierten Ulrike und Dinçer, nahmen aufeinander Bezug und banden uns Spaziergänger*innen humorig und spielerisch ein. Die Texte von Ulrike Almut Sandig haben es „in sich“. Das schwere Thema „Kindesmissbrauch“, von dem auch ihr Debütroman „Monster wie wir“ handelt, führt sie mit einem Kinderreim ein, der von ihrer Tochter aus dem Kindergarten mitgebracht wurde. Ihre Performance der Gedichte zog alle Zuhörenden in den Bann.
Ulrike ist es wichtig, schwierige Themen in ihren vielseitigen, literarischen, experimentellen Schaffen zu beleuchten, wie ihr Titel „Leuchtende Schafe“ ahnen lässt. In dem Band finden sich nicht nur Beispiele visueller Poesie , sondern auch ein QR-Code zu einem Musikclip, der Lust auf mehr macht.
Ihr abschließendes Plädoyer für ein menschliches Miteinander auch durch inspirierende Lyrik, von dem auch ihre Art des Schaffens (sie ist eine Netzwerkerin) zeugt, berührte alle Anwesenden.
k.w.
Fotos: Anne Glombitzer und Janine Tornow-Gaisbauer